Dichterwette

Date 2011-10-09

Bob Dylan erhält den Nobelpreis für Literatur. Pardon, das galt nur bis ganz kurz vor der Verkündigung. Dabei waren die Erwartungen kräftig geschürt worden, die Wetteinlagen beträchtlich. Die Wettbüros in England hatten jedoch in vorletzter Sekunde einen Wink erhalten; und tatsächlich gewann ein echter Poet den Preis. Dass es ein Europäer, sogar ein Schwede ist, alt, ein Lyriker mit schmalem Werk, erboste nicht nur viele Wetter, sondern auch Literaturkritiker und andere Geschäftemacher, vor allem in den USA, wo allerdings auch einige seiner heftigsten und warmherzigsten Bewunderer und Befürworter leben.
Dichterwette. Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 9. 10. 2011

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Bilderatur

Date 2011-06-19

Es sind nicht nur die vielen Illustrationen, Comics und dergleichen, die Texte anreichern oder ersetzen, sondern überhaupt die grafische Gestaltung und Aufbereitung, die den eigentlichen Text oft stark in den Hintergrund treten lassen. In manchen Bereichen kann man von einer extrem visualisierten Textgestaltung sprechen. Gängige Zeitschriften bzw. Glamourmagazine erscheinen in/mit einem eigenen geometrischen Leitgefüge, damit der strapazierte Leser sich zurechtfinde auf den vorgegebenen Wegen: wie im dichten Verkehr oder riesigen Gebäudeanlagen kann er sich an Farben, Linien, Punkten, Piktogrammen und Indizes orientieren.

Kolumne „Wort zum Sonntag“ von Haimo L. Handl, 19. 6. 2011

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Literaturstreaming

Date 2011-06-11

Vom 2. bis 5. Juni fanden in Mainz die 21. Minipressen-Messe und in Solothurn die 33. Literaturtage statt. Zwei Veranstaltungen zum Medium und zur Literatur, die Auskunft geben können über den Stand der Dinge, das Rezeptionsverhalten, Angebote und Nachfrage.

Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 12.6.2011

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Verbindliche Identitäten

Date 2011-03-13

Kürzlich las ich die Klage eines Musikredakteurs, dass es heute immer schwieriger werde, aufgrund der Stimme auf die Ethnie des Interpreten zu schließen. Schwarze klingen nicht mehr wie Schwarze, das heißt, ihr Stimmbild weist nicht mehr die Gruppencharakteristika auf, die wir kennen, die wir relativ sicher zuschreiben können. Das wiederum kann nur bedeuten, dass der individuelle Stimmausdruck den kollektiven überwiegt.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 13. 3. 2011

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Der Tod des Autors und der Literatur

Date 2010-11-28

Der humane, freundliche Autor mutet dem reifen Leser nicht mehr zu sich zu unterwerfen. Er muss nicht mehr einer Geschichte folgen, muss nicht mehr versuchen, vorgegebene Texte zu verstehen und zu deuten. Ihm wird bloß ein Gerüst offeriert, innerhalb dessen er selbst SEINE eigene Geschichte, nach seinen Bedürfnissen, Kenntnissen und Wünschen entwickeln kann. Nichts ist voll vorgegeben, das meiste ist offen. Die Freiheit und die Würde des Lesers werden geachtet, er wird in kein enges Korsett gezwungen, kein geschlossener Handlungsablauf nimmt gefangen. Es wird auf die Erzählung, die Geschichte, verzichtet, es erfolgt keine Täuschung mehr.

Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 28.11.2010

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