Das Vorstellbare

Date 2012-12-30

Vor wenigen Tagen verstarb Keiji Nakazawa, der japanische Comiczeichner, der mit seinen Werken „Barfuss durch Hiroshima“ weltbekannt wurde, im Ausland erfolgreicher als in seiner Heimat Japan. Er hatte, ähnlich wie Art Spiegelman mit seiner „Maus“ das schier Unsagbare und Unvorstellbare vor- und ausgestellt in Bildern. Er hatte durch einen Zufall den Atombombenabwurf auf Hiroshima überlebt, den er als Fünfjähriger erleiden musste und sich das Trauma zwar nicht weggezeichnet, aber immerhin „behandelt“. Sein Werk wurde auch in den USA, dem Land, das das schlimmste Kriegsverbrechen durch seine zwei Atombombenabwürfe, vorläufig die einzigen, beging, erfolgreich gezeigt: Die meisten Amerikaner goutieren durchaus Weltschmerz und Kritik und leben trotzdem gleichzeitig mit ihrer Lebenslüge ganz komfortabel.

Kolumne „Wort zum Sonntag“ von Haimo L. Handl, 30. 12. 2012

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Infantilisierung und Flucht aus der Verantwortung

Date 2012-12-02

weil sie sie nicht effektiv vom verlustreichen Spiel abgehalten habe. Sie hat Chancen auf Erfolg, weil unsere Gesellschaft, unser Staat, es vernünftig findet, die Verantwortung nicht bei der mündigen Person zu fordern, sondern, in vielen Fällen, bei anderen gesellschaftlichen Organisationen oder gar bei anderen Personen, ohne dass aber diese so entlastete, der eigenen Verantwortung enthobene Person damit einen Einbruch Ihrer Mündigkeit bzw. Geschäftsfähigkeit erlitte.
Kolumne „Wort zum Sonntag“ von Haimo L. Handl, 2. 12. 2012

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Schweizer Werte

Date 2012-08-26

Die Schweiz steht, vor allem nach ihrem eigenen Verständnis, für Redlichkeit, Sauberkeit, Ordnung. Leistung und Pflichterfüllung sind Landestugenden. Sogar Friedlichkeit existiert, neben Käse und Schokolade, Almen und Alpen, als strapaziertes Klischee. Die mühselige, oft erzwungene Geschichtsaufarbeitung hat dieses Bild zerkratzt und unangenehme Wunden aufgerissen: Der Reichtum der Schweiz primär das Resultat spezifischer äußerer Umstände, politisch wie wirtschaftlich. Das wollen viele nicht wahrhaben. Das wollen viele weiterführen, so lange es geht.

Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 26. 8. 2012

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Das rechte Benennen.

Date 2012-06-17

Kürzlich las ich wieder in Goethes Faust. Und wieder erstaunte ich, wie leicht der aktuelle Bezug des alten Stoffes herstellbar ist. “Wer darf das Kind beim rechten Namen nennen? / Die wenigen, die was davon erkannt, / Die töricht genug ihr volles Herz nicht wahrten, / Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten, / hat man von je gekreuzigt und verbrannt.” (Faust I, Faust im Gespräch mit Wagner)

Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 17. 6. 2012

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Das Ferne und das Nahe

Date 2012-05-27

Katastrophen- und Kriegsberichte füllen weite Teile der Massenmedien. Die Nachrichten scheinen das Unterhaltungsprogramm mit Krimis, Horror- und Kriegsfilmen zu ergänzen. Die Unterscheidbarkeiten verringern sich, alles scheint sich anzugleichen, Ähnlichkeiten prägen sich ein. Die Wahrnehmungsweisen führen zu Staunen, Abscheu vielleicht und Empörung, aber auch zu Kitzel und Unterhaltung. Man sitzt, sieht – und macht weiter. Divertimento. Unterhaltung, sogar Vergnügen, jedenfalls “Zerstreuung”. Unterhaltsame Erholung und Ablenkung.

Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 27. 5. 2012

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