Das Vorstellbare

Date 2012-12-30

Vor wenigen Tagen verstarb Keiji Nakazawa, der japanische Comiczeichner, der mit seinen Werken „Barfuss durch Hiroshima“ weltbekannt wurde, im Ausland erfolgreicher als in seiner Heimat Japan. Er hatte, ähnlich wie Art Spiegelman mit seiner „Maus“ das schier Unsagbare und Unvorstellbare vor- und ausgestellt in Bildern. Er hatte durch einen Zufall den Atombombenabwurf auf Hiroshima überlebt, den er als Fünfjähriger erleiden musste und sich das Trauma zwar nicht weggezeichnet, aber immerhin „behandelt“. Sein Werk wurde auch in den USA, dem Land, das das schlimmste Kriegsverbrechen durch seine zwei Atombombenabwürfe, vorläufig die einzigen, beging, erfolgreich gezeigt: Die meisten Amerikaner goutieren durchaus Weltschmerz und Kritik und leben trotzdem gleichzeitig mit ihrer Lebenslüge ganz komfortabel.

Kolumne „Wort zum Sonntag“ von Haimo L. Handl, 30. 12. 2012

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Nuklearkrieg

Date 2012-03-03

Gegenwärtig beanspruchen die fortdauernde Euro-Krise und die immensen Korruptionsfälle die öffentliche Wahrnehmung und Meinung. Über Streitfragen wie “Ehrensold” für einen unehrenhaften Kurzzeitbundespräsidenten Wulff, weiterer Abbau von Sozialleistung um das strenge Sparprogramm zu erfüllen, Ausbau staatlicher Überwachung und Kontrolle, Kampf gegen Mißbrauch und Kinderpornografie werden existentielle Gefahren ganz anderer Größenordnung übersehen. Man gewinnt den Eindruck, dass gezielt abgelenkt wird, damit das eigentliche Geschäft, der Krieg, um so logischer und unabwendbarer nicht nur vorbereitet, sondern durchgeführt werden kann.

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Spektaky

Date 2011-12-31

Der Jahreswechsel wird auch in den sogenannt aufgeklärten Gesellschaften nach einem atavistischen Ritual gefeiert, auch wenn die meisten die Hintergründe nicht kennen. Eine Mischung von religiösem, heidnischem und profanem Feiern, sogar dort, wo die Ausgelassenheit dominiert. Denn Feste bieten und sollen Gelegenheit bieten zum Ausgelassensein, vor allem für jene, die selten Auslauf haben, fast nie gelassen sind, selten ausgelassen. Man lässt die Sau raus und fühlt sich befreit, ausgelassen. Der gemeinsame Konsum hilft wie bei der Kommunion und schafft das Trugbild von fröhlicher Runde, Gemeinschaft. Man wünscht den Andern wie sich selbst, was man immer wünscht, alle Jahre wieder, und freut sich, dass es noch möglich ist.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 1. 1. 2012

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Trauerspiel

Date 2011-09-10

Man kommt ihm nicht aus. Auf allen Sendern Filme, Dokumentationen, Semidocs, Soaps, Schnulzen, Rührstoffe, Privatisierungen im öffentlichen Kontext, künstlerische Bewältigungsversuche, schnöde Fleddereien. “Nine Eleven” ist zu einer Marke geworden, die mehr übertüncht, lenkt, ablenkt, als klärt, vom Erinnern oder Gedenken, das man sich vielleicht wünschte, ganz zu schweigen. Es wird inszeniert. Es geht um Mythen, Symbole und verletzten Stolz. Eitelkeiten. Daneben versinken “Wahrheiten” oder kommen erst gar nicht hoch. Eine Peinlichkeit sondergleichen.

Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 11. 9. 2011

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6. August

Date 2011-08-07

In Japan, und nicht nur dort, gedenkt man des Atombombenabwurfs vom 6. August 1945 auf Hiroshima, dem kurz darauf der zweite auf Nagasaki folgte. Heuer erhält das Gedenken neue Brisanz wegen der Atomkatastrofe in Fukushima. Völlig neu für Japan: Die Regierung orientiert sich jetzt auf eine atomfreie Energieversorgung. Die sogenannt “friedliche Atomnutzung” ist zu gefährlich. Der Schock der noch immer nicht bewältigten Katastrofe sitzt tief.

Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 7.8.2011

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