Technologische, leichte Verfügbarkeit erweitert einerseits unsere Sinne, führt andererseits aber auch zu Verkümmerungen und Verarmungen von Fähigkeiten. In dem Maße, wie man sich auf die Technik verlässt, gebraucht man weniger eigenes Denken, eigenes “Begreifen” als direktes, Handhaben: das Werkzeug ersetzt den direkten Zugriff.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 25. 3. 2012
“Der Kulturinfarkt” heißt reißerisch der Titel eines Buches, das erst am 20. März ausgeliefert wird, aber nach einer ankündenden Textprobe im Spiegel bereits zu heftigen Reaktionen führte. Vier Herren lamentieren nicht nur, sondern empfehlen polemisch und provokant, die Kultursubventionen mindestens um die Hälfte zu kürzen, weil für Kultur zuviel Geld aufgewendet werde, und dieses vor allem für zu viel Gleiches bzw. zum Selbsterhalt des verrufenen Apparats diene.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 18. 3. 2012
Wir leben in finsteren Zeiten. Das ist nicht nur ein Zitat, sondern auch eine aktuelle Feststellung. Berühmt geworden ist die Aussage durch Bertolt Brechts Gedicht, das er im Exil schrieb: “An die Nachgeborenen”. Besonders drei Zeilen aus dem ersten Abschnitt sind Allgemeingut geworden: “Was sind das für Zeiten, wo / Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist / Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!”
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 11. 3. 2012
Gegenwärtig beanspruchen die fortdauernde Euro-Krise und die immensen Korruptionsfälle die öffentliche Wahrnehmung und Meinung. Über Streitfragen wie “Ehrensold” für einen unehrenhaften Kurzzeitbundespräsidenten Wulff, weiterer Abbau von Sozialleistung um das strenge Sparprogramm zu erfüllen, Ausbau staatlicher Überwachung und Kontrolle, Kampf gegen Mißbrauch und Kinderpornografie werden existentielle Gefahren ganz anderer Größenordnung übersehen. Man gewinnt den Eindruck, dass gezielt abgelenkt wird, damit das eigentliche Geschäft, der Krieg, um so logischer und unabwendbarer nicht nur vorbereitet, sondern durchgeführt werden kann.
Die politische Korrektheit treibt seltsame Blüten, nicht nur im Alltagspolitischen, Multikulturellen oder Wirtschaftlichen, sondern auch in den Wissenschaften. Vor lauter Bemühen um Korrektheit fordern immer mehr um die demokratische Freiheit Bemühte Zensur im Namen der Demokratie, wie sie korrekt von ihnen verstanden wird. Eine neue Hatz, eine gut geölte Kampagne läuft immer schneller, immer griffiger. Der “freie” Austausch scheint zu gefährlich, zu gefährdend – er soll unterbunden werden, am Besten durch Präventivmaßnahmen, wo diese nicht möglich sind, durch nachträgliche Zensur und Verurteilung von inkorrekten, unliebsamen Abweichlern.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 26. 2. 2012