Verdächtigungsunkultur

Date 2010-04-25

Es ist wieder modisch geworden nicht nur rasch zu verdächtigen, sondern auch zu verurteilen bzw. verdächtigend zu verurteilen. In einigen Ländern und Gesellschaften reicht das aus für Mord, wenn Islamisten eine Beleidigung ihres Gottes oder des Profeten davon rächen. In anderen, wenn man als Mitglied einer falschen Ethnie “gesäubert” gehört. Aber es gibt eine andere Form, als Vorläufer sozusagen, die vielen noch nicht so schlimm auffällt, weil man sich im dauernden Niedergang von Werten daran gewöhnt hat.

Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 25. 04. 2010

 Get MP3 (6 MB | 6:03 min)

Bar und bloss

Date 2010-01-10

Gegenwärtig ist das Nacktscannen in vieler Munde. Pardon, in vielen Augen. Es erhitzt Gemüter. Zu recht. Seien wir dankbar, dass sich noch eine kleine Schamgrenze zeigt, ein kleiner Widerstand gegen die völlige Vereinnahmung des Menschen, seines Körpers, im Wegfall der Distanz, ohne die weder Scham, noch Würde ist. Es handelt sich nicht um Prüderie, sondern um die frechste Anmassung des modernen totalen Staates, den Menschen wieder so zu verdinglichen, dass er als blosses Objekt, als berechenbares, kontrolliertes Ding, als die Nummer, die man ihm nicht mehr tätowieren muss, jederzeit bei Bedarf bloss, bar, nackt, offen, verletzlich, sichtbar wird und dies auch weiss.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 10. 1. 2010

 Get MP3 (4 MB | 3:52 min)

Weltnationalliteratur

Date 2009-08-02

Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 2. 8. 2009

Spricht man von “Weltliteratur”, müsste man für das bessere Verständnis eigentlich auch klären, welche Welt man meint. Welt ist nicht gleich Welt. Immer noch, trotz der herrschenden Globalisierung, wird sie von Nationen bestimmt, dann auch von Religionen oder auch Ethnien bzw. Rassen. Da hat sich seit dem Zweiten Weltkrieg nicht viel geändert, nur die Mittel der Technik und Kommunikation haben sich modernisiert. Der Geist, so wird uns überall drastisch vor Augen geführt, schickt sich in die “Sachzwänge”, wie man die Gegebenheiten nennt und damit legitimiert, und die Berufungen auf Eigenheiten eigener Kultur, als deren Ausdruck manchmal auch die Künste inklusive der Literatur gehandelt werden, sind eher einem Marktkalkül zuzusprechen, als einem reifen, genuin eigenem Kulturverständnis.

 Get MP3 (7 MB | 6:48 min)

Dürfen's denn das?

Date 2009-07-19

Kolumne “Wort zum Sonntag”, 20. 7. 2009, von Haimo L. Handl

Der Ausspruch des epileptischen und als geistesschwach bezeichneten österreichischen Kaiser Ferdinand (1793-1875), der im Revolutionsjahr 1848, das die restaurative Epoche des Biedermeier, begonnen mit dem Wiener Kongress 1814), abschloss, zugunsten Franz Joseph 1. die Regierungsgeschäft übergab, ist zum Kernspruch einer abwehrenden, ängstlichen, unterdrückenden Zeit und ihrer Regime geworden.

 Get MP3 (4 MB | 4:49 min)