Sonntag, 6. Dezember 2015 |
„Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort“, lautet der
Titel eines bedeutenden Gedichts von Rilke (1875-1926), das der Dichter dreiundzwanzigjährig
1898 schrieb. Er geht darin auf ein Grundproblem ein, das nicht nur sprachlich
ist, das sich in der Sprache aber hörbar ausdrückt: „Ich fürchte mich so vor
der Menschen Wort. / Sie sprechen alles so deutlich aus: /“, der Beginn der
ersten des dreistrophigen Poems, nennt die vermeintliche Deutlichkeit und
Eindeutigkeit als Problem, weil damit eine Verarmung einhergeht, eine
Täuschung. „Mich bang auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott, / Sie wissen alles,
was wird und war, /“ nennt die Folge der Eindeutigkeit, die vermeintliche
Sicherheit des entzauberten Wissens.
Kolumne „Wort zum Sonntag“ von Haimo L. Handl, 6.12.2015
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